Dienstag, 7. August 2012

Ein wahrer Teamerfolg: Silber für das deutsche Dressurteam!

Mit fairem Reiten und einem Lächeln auf den Lippen haben heute die deutschen Dressurreiterinnen um Bundestrainer Jonny Hilberath die Silbermedaille im olympischen Mannschaftsentscheid in London gewonnen. Mit Helen Langehanenberg, Dorothee Schneider und Kristina Sprehe konnten sich alle drei Mannschaftsreiterinnen unter den ersten zehn und somit auch souverän für die abschließende Grand Prix Kür qualifizieren. Auch Einzelreiterin Anabel Balkenhol konnte sich um mehrere Prozentpunkte gegenüber ihrem Grand Prix-Ergebnis verbessern und verpasste mit Platz 19 nur knapp das Finale, in dem sie aber aufgrund der Regelung, dass pro Nation nur drei Reiter an dieser Entscheidung teilnehmen dürfen, auch mit Qualifikation nicht hätte starten dürfen.

Neben den Deutschen fiel auch die britische Mannschaft durch tolles Reiten und Harmonie zwischen Reiter und Pferd auf. Charlotte Dujardin und Carl Hester präsentieren ihre Pferde locker, stets vor der Senkrechten, mit locker pendeldem Schweif. Laura Bechtholsheimer musste ihren "Alf" zwar mit deutlicheren Hilfen reiten, aber auch hier hat sich die Losgelassenheit des Pferdes deutlich verbessert, ohne an Ausdruck zu verlieren. Da die Briten bereits ein Championat in dieser Besetzung hinter sich hatten, konnten sie heute Erfahrung und Heimvorteil ausspielen und gewannen verdient Gold. Gratulation!

Die Niederländer, die heute Bronze gewannen, stellten ihre Pferde in gewohnter Haltung vor. Alle Pferde gingen hoch aufgerichtet und neigten dazu, mit der Stirnlinie hinter die Senkrechte zu geraten.  Bei Anky van Grunsvens Salinero, der eigentlich bereits in Rente ist, war das Genick selten der höchste Punkt. Leider konnte keiner der drei Teamreiter im Schritt von sich überzeugen. Die Passagen und Verstärkungen hingegen sind, besonders in der Vorhand, spektakulär wie eh und je.

Der heutige deutsche Teamerfolg ist kein zufälliger. Er ist eine Konsequent kontinuierlicher und langfristiger Arbeit, bei der mehr als nur drei Reiter ein großartiges Team mit ihren Pferden bildeten.

Den Beginn für die Mannschaftswertung machte Dorothee Schneider mit der Don Frederico-Tochter Diva Royal. Die hervorragende Ausbildung dieser Stute ist kein Zufallsprodukt. Seit 2009 steht sie im Besitz der aufstrebenden U25-Reiterin Stella-Charlott Roth, die sie nach den olympischen Spielen wieder im Grand Prix-Sport vorstellen wird, Dorothee Schneider wird der jungen Paarung als Trainerin mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Trotz ihres jungen Alters von erst zehn Jahren, ist es nicht das erste Championat für diese Stute: Bereits 2010 gewann sie mit ihrer Besitzerin Gold bei den Europameisterschaften der Jungen Reiter, mit gerade einmal acht Jahren, was besonders für den Charakter dieses Ausnahmepferdes spricht.

Diva Royals Karriere verlief auf besondere Weise mit zwei Reiterinnen: Dorothee Schneider bildete die Stute kontinuierlich weiter aus, qualifizierte sie 2009 zum Finale des Nürnberger Burgpokals und zwei Jahre (2011) später für den Nachwuchspferde Grand Prix-Cup der Tesch Inkasso. 2010 war die Stute dann wie schon erwähnt mit ihrer Besitzerin in der internationalen Nachwuchstour hoch erfolgreich.

Bemerkenswert ist besonders, dass  Dorothee Schneider die Stute nach dem Finale des Nürnberger Burgpokals bis August 2011 nicht mehr auf dem Turnier vorstellte, sondern nur zu Hause mit ihr trainierte. Diva Royal läuft also nach ihren Erfolgen im Nachwuchspferde-Grand Prix erst seit dieser Saison im großen Sport.

Die Entwicklung des Pferdes ist also aus einer Teamarbeit zwischen Schneider und Roth entstanden, die heute sicherlich mit großer Spannung den Ritt ihrer Stute verfolgt haben dürfte. Vielleicht ist sie 2016 schon selber mit der Stute in Rio de Janeiro vertreten, das Potential dürften beide mitbringen, Erfolge sprechen in diesem Falle für sich.

Im heutigen Grand Prix Special zeigte die Stute sich dann von ihrer besten Seite. Es ist wohl auch ihrem Interieur zu verdanken, dass sie heute einen Schritt zeigte, wie man ihn sich besser kaum ausmalen kann. Die Stute zeigte sich in ihrer Paradegangart losgelassen, immer im Takt und mit überragendem Raumgriff und Übertritt. Hier kann die Stute fast alle Pferde, die heute vor ihr platziert waren, deutlich in den Schatten stellen. Besonders im Vergleich mit Pferden wie Parzival fiel auf, dass Diva Royal ein sehr komplettes Pferd ist, bei dem Vor- und Hinterhand in sehr guter Relation zueinander stehen. Vielleicht fehlte heute noch der allerletzte Ausdruck, bedenkt man aber das Alter der Stute und sieht ihr bisheriges Entwicklungspotential, so kann man leicht ins Träumen geraten.

Zweite Starter für das deutsche Team waren am heutigen Tag Kristina Sprehe und der ausgesprochen charmante De Niro-Sohn Desperados.

Desperados' Geschichte ähnelt der von Diva Royal. Er war Prämienhengst der Hannoveraner Körung 2004 und danach hoch erfolgreich in allen Nachwuchsserien, so war er zunächst Vize-Bundeschampion unter Holga Finken. Einige Jahre später qualifizierte er sich unter seinem neuen Ausbilder Falk Rosenbauer für das Finale des Nürnberger Burgpokals 2009. Das Highlight der gemeinsamen Karriere gelang Rosenbauer mit dem Gewinn des Deutschen Dressurderbys in Hamburg 2010. Danach wechselte der Hengst in den Beritt der Besitzertochter Kristina Sprehe.

Auch hier ging es mit der Karriere des Rappen steil bergauf: 2011 konnte er mit seiner Reiterin den Piaff-Förderpreis und den Otto Löhrke-Preis gewinnen. Auch Kristina Sprehe und Desperados wurden erst dieses Jahr in den Championatskader berufen, es folgten prompt Siege in der großen Tour beim CHIO Aachen und somit die sichere Nominierung für die olympischen Spiele.

Heute hatte das Paar leider nicht seinen besten Tag erwischt. Desperados wirkte bereits beim Einreiten ins Viereck sehr spannig, der Schweif war stets unruhig, ein deutliches Zeichen für mangelnde Losgelassenheit, die bei diesem Hengst eigentlich immer zu sehen ist. Leider baute sich die Spannung in einem deutlichen Ungehorsam ab. Äußerst positiv ist allerdings zu werten, dass Desperados nach diesem Fehler deutlich entspannter wurde und seine Reiterin ihn weiterhin gezielt und gekonnt durch die Prüfung führen konnte. So konnte der Hengst doch noch seine größte Stärke präsentieren: Die Piaffe. Herrlich auf die Hinterhand gesetzt und immer immer im Takt, dürfte es wohl einige hohe Noten für diese Lektion gegeben haben.

Und wer an einem schlechten Tag immer noch weit über 76% auf sein Konto schreiben darf, der kann sich wohl ohne zu übertreiben zur Weltspitze zählen.

Als letzte deutsche Starterin ritt Helen Langehanenberg mit Damon Hill ins Viereck ein. Sowohl die Reiterin mit 30 Jahren, als auch ihr zwölfjähriger Hengst waren die Routiniers des deutschen Teams, was den Erfolg der Equipe noch einmal in ein viel besseres und deutlicheres Licht rückt.

Wie auch seine beiden equinen Teamkollegen, war Damon Hill zunächst unter Ingrid Klimke erfolgreich, war Vize-Bundeschampion und Weltmeister der jungen Dressurpferde, außerdem startete auch er im Finale des Nürnberger Burgpokals, das war 2008. Schon während seiner Ausbildung ritt Helen Langehanenberg den Hengst, als sich ihre Trainerin Ingrid Klimke verletzte, zu Championatsehren bei der WM in Verden.
Damon Hills sportliche Karriere, die auf der NRW-Hauptkörung 2002 begann, kann also als mustergültig und selten dagewesen bezeichnet werden.
Der prämierte Dunkelfuchshengst kann übrigens auch Platzierungen in Spring- und Geländepferdeprüfungen vorweisen, außergewöhnlich für ein Dressurpferd dieser Klasse und seiner vielseitigen Ausbilderin Ingrid Klimke zu verdanken, die es wohl wie keine andere weiß, junge Pferde in allen Disziplinen auszubilden und vor zu stellen.

Helen Langehanenberg erritt sich erste Erfolge in der Ponytour und war in den letzten Jahren eine der erfolgreichsten Reiterinnen auf dem Bundeschampionat. Mit den Damon Hill Kindern Damon's Devine, Damon's Delorange und Damon's Sattelite (M.v. Rubin-Royal, Z.: Christian Becks, Senden) hat sie drei Vollgeschwister in den letzten Jahren zum Bundeschampionat qualifizieren können, beide Stuten waren Championess bzw. Vize-Championess.

Seit 2008 steht Helen im Championatskader, 2010 übernahm sie Damon Hill von Ingrid Klimke. Seitdem reitet sie auf hohem Niveau, konnte sich im Weltcup-Finale platzieren und wurde deutsche Meisterin.

Am heutigen Tag zeigte Damon Hill, warum er Doppelweltmeister der jungen Dressurpferde war. Drei hoch elastische, raumgreifende Grundgangarten, die besonders in den Verstärkungen zu gefallen wussten, konnte er präsentieren. Einige kleine Fehler verhinderten heute noch eine Platzierung unter den ersten dreien.

Am Ende standen 78,937% für das Paar zu Buche, insgesamt Platz vier, wobei ein Richter sie sogar bei über 82% lag.

Betrachtet man nun diesen beachtlichen Erfolg der jungen Dressurequipe so stechen einige Fakten besonders ins Auge:

Alle Pferde wurden bereits von verschiedenen Reitern erfolgreich im Sport vorgestellt. Dieser Umstand spricht für das Interieur der Championatspferde, ist es doch auch für so manches "Wunderpferd" anscheinend nicht ganz einfach, sich auf einen neuen Reiter einzustellen.

Alle Pferde des deutschen Teams stammen väterlicherseits von der Vererberlegende Donnerhall ab.

Alle Pferde begannen ihre Karrieren über die verschiedenen deutschen Nachwuchsserien. Dablino, Diva Royal, Desperados und Damon Hill waren alle platziert im Finale des Nürnberger Burgpokals.

Aber die schönste Tatsache:

Alle Reiterinnen strahlten sowohl vor, als auch nach ihrer Prüfung und lobten ihre Pferde überschwinglich - das ist wahre Freude am Pferdesport!



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