Antwort zum Artikel "Deutsches Dressur-Team tanzt nur in der zweiten Reihe"
http://olympia.ard.de/london2012/allemeldungen/olympialondon6165.html
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Reitsport ist eine der bedeutungsvollsten olympischen Disziplinen
in Deutschland, konnten doch deutsche Reiter über das gesamte letzte
Jahrhundert hinweg stetig Medaillen gewinnen.
Diese Medaillen wurden
gewonnen nach der klassischen Reitlehre, die in den ethisches
Grundsätzen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung seit jeher verankert
sind.
In diesen Grundsätzen heißt es unter Anderem: „Die
Beeinflussung des Leistungsvermögens durch … nicht pferdegerechte
Einwirkung durch den Menschen ist abzulehnen und muss geahndet werden.“
Diesen Grundsatz verkörpert das junge deutsche Dressurteam wohl wie kein Zweites.
Harmonische Ritte und zufriedene Pferde, die sich mit ihren Reitern im
Einklang befinden, sind die logische und richtige Konsequenz dieses
guten Reitens.
Alle Reiterinnen haben sich im letzten Jahr um
mehrere Prozentpunkte verbessern können, auch dies ein Anzeichen von
stetiger, langfristiger und konsequenter Arbeit, die sich nun auch durch
sehr gute Platzierungen bei den Olympischen Spielen auszahlt.
Die von Ihnen hochgelobte Ardelinde Cornelissen hingegen ist in der
Reitwelt hoch umstritten, ging ihr Wallach Parzival doch während der
Prüfung oft zu eng im Hals und blockierte sogar kurzzeitig beim
Rückwärtsrichten, genau in der Lektion, in der die Losgelassenheit, und
somit die Zufriedenenheit des Pferdes, überprüft werden soll.
Während dieser olympischen Spiele gab es bereits von Patrik Kittel, der
ebenso wie Adelinde Cornelissen ein Schüler des niederländischen
Nationalcoachs Sjef Janssen ist, ausgesprochen unschöne Bilder, die sein
Pferd Scandic in der verbotenen Rollkurhaltung zeigen, die, wie in
meinem Zitat aus den ethischen Grundsätzen der FN belegt abzulehnen und
zu ahnden ist.
Es stellt sich also die Frage, was die deutsche Medienlandschaft nun von unseren jungen Dressurreiterinnen erwartet:
Gutes und harmonisches Reiten, bei dem der Sport und das Zusammenspiel
mit dem Pferd im Vordergrund steht oder der Erfolg um jeden Preis?
Folgt man Ihrer Berichterstattung, so sollte man denken, dass allein
der Erfolg das Ziel ist, was ich als ausgesprochen demoralisierend für
unsere jungen Reiterinnen empfinde, die ihrem Sport doch so fair und
voller Leidenschaft nachgehen.
Durch diese Art der
Berichterstattung gelangen die Ethischen Grundsätze, mit denen in
Deutschland doch seit gut hundert Jahren so erfolgreich geritten wird,
in den Hintergrund und das Pferd als reines Sportgerät in den
Vordergrund.
Abgesehen von dieser unmöglichen und
demoralisierenden Berichterstattung, liegen in Ihrem Bericht auch
schwerwiegende Fehler vor.
Der von Ihnen als „Wallach“
betitelte Damon Hill, vererbt sich mindestens genauso hervorragend, wie
er sich unter dem Sattel präsentiert, konnte er doch unter Anderem mit
der Bundeschampionesse Damon's Divene und weiteren hoch dekorierten
Nachwuchspferden auch auf internationalem Parkett seine Vererbungskraft
beweisen, die ihm als Wallach wohl schwer fallen würde.
Außerdem fragt man sich, wo sich Ihre Fachjournalisten befanden, als
beispielsweise die Briten 2010 bei den Weltreiterspielen die
Silbermedaille oder anlässlich der Europameisterschaften 2011 vor
heimischer Kulisse Gold gewannen und Charlotte Dujardin dieses Jahr in
Hagen a.T.W. mit über 88% einen neuen Weltrekord im Grand Prix Special
erritt.
Bei diesen Erfolgen von einem „plötzlichen Erstarken“ zu
sprechen, spricht einzig und allein gegen Ihre Sachkompetenz und
Recherche.
Die Krönung des ohnehin schon unverschämten Artikels
ist jedoch die fast schon ironisch wirkende Bemerkung zu Holger
Schmezers Tod. Wie dieses einschneidende Erlebnis in einer Zeile
abgehandelt wird, ist vollkommen pietätlos.
Vergleicht man
übrigens die Prozentzahlen der deutschen Reiterinnen im olympischen
Grand Prix mit denen des von Ihnen als „Wunderpferd“ betitelten Totilas,
so empfindet man es höchstens noch als wunderlich, dass dieses Pferd
uns „retten“ sollte.
Allerdings sehe ich auch keinen Anlass zur Rettung, bei einem Team, dass nach der Hälfte
der Entscheidungen knapp hinter Großbritannien auf Platz zwei liegt und
im Einzel mit drei Reiterinnen unter den ersten zehn liegt. Zwei dieser
Reiterinnen liegen übrigens vor dem zitierten Carl Hester.
Ob
man mit diesen Ergebnissen in der zweiten Reihe tanzt? Ich glaube wohl
kaum. Zumindest habe ich noch keine Disziplin verfolgt, in der deutsche
Starter sich einheitlich auf diesen vorderen Plätzen platzieren konnten.
Diese Umstände sollten Sie vielleicht bei Ihrer nächsten
Berichterstattung bedenken, bevor Sie sich -völlig fehl am Platz- so
kritisch über das deutsche Dressurteam äußern.
Mit freundlichen Grüßen
Anna Kogge
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen