Was macht ein gutes Reitpferd aus? Nun,
zuerst sollte man, allein des Wortstamms wegen, davon ausgehen, dass
es sich gut reiten lässt.
„Rittigkeit
– Willigkeit des Pferdes, auf Hilfen richtig zu reagieren“
Das
Pferd soll sich also lerneifrig und engagiert unter dem Sattel
präsentieren und seinem Reiter das Gefühl geben, dass es bereit
ist, willig mit ihm zusammenzuarbeiten.
Auch
in der Satzung des westfälischen Pferdestammbuchs wird die
Rittigkeit im Zuchtziel klar erwähnt und definiert:
„Gezüchtet
wird ein edles, großliniges und korrektes, gesundes und
fruchtbares Pferd mit
schwungvollen,
raumgreifenden, elastischen Bewegungen, das aufgrund seines
Temperamentes,
seines
Charakters und seiner Rittigkeit für Reitzwecke jeder
Art geeignet ist.“
Insgesamt
gibt es also neben der Rittigkeit drei weitere Aspekte, die man sich
laut Zuchtziel von einem westfälischen Reitpferd wünscht:
- Korrektheit, Gesundheit und Typ
- Bewegungsablauf
- Vielseitigkeit
Drei
von diesen vier Aspekten müssen unter dem Sattel oder im Freilaufen
bzw. -springen, im Idealfall sogar in beiden Bereichen überprüft
werden.
Die
Rittigkeit erschließt sich von selber, der Wille des Pferdes, die
Hilfen des Reiters anzunehmen, kann nur unter dem Sattel getestet
werden.
Der
Bewegungsablauf umfasst laut Satzung drei
fleißige, taktmäßige, schwungvolle, leichtfüßige und
raumgreifende Grundgangarten. Da an der Hand nur der Schritt und der
Galopp überprüft werden können, ist auch für eine Bewertung des
Bewegungsablaufs mindestens das Freilaufen notwendig. Da im Zuchtziel
aber klar ein Reitpferd definiert wird, sollte auch unter dem Reiter
überprüft werden, ob die Grundgangarten unter der Belastung
erhalten bleiben.
Auch
die Vielseitigkeit des Reitpferdes, die sicherlich auch eine gewisse
Sportlichkeit beinhaltet, kann nicht an der Hand präsentiert werden.
Auch hier sollte mindestens das Freispringen überprüft werden.
Lediglich
zur Bewertung von Korrektheit, Gesundheit und Typ ist also eine
Bewertung ohne Sattel und Reiter von Nöten.
Betrachtet
man nun das Zuchtziel und die daraus entstehenden Bewertungsaspekte
für das moderne Reitpferd, so stellt sich die Frage, warum Prämien
nicht auf der Stutenleistungsprüfung, auf der drei von vier Aspekten
vollständig bewertet werden können, vergeben werden, sondern auf
Stutenschauen, auf denen lediglich das Exterieur und Teile des
Bewegungsablaufs präsentiert werden können.
Schaut
man außerdem auf die Selektionsmerkmale zur Exterieurbeurteilung,
die die Grundlage für die Vergabe von Prämien auf Stutenschauen
legen, so beinhalten sie den Rasse- und Geschlechtstyp, die Qualität
des Körperbaus, die Korrektheit des Ganges, den Schritt, den Trab
und den Gesamteindruck.
Schon
in der eigenen Satzung wiederspricht das westfälische
Pferdestammbuch also seinem Zuchtziel:
Durch
die Vergabe von Prämien an Stuten, die weder eine Bewertung für ein
Drittel des Bewegungsablaufs, noch für den Aspekt der Vielseitigkeit
erhalten haben, werden Teile des Zuchtziels außer Acht gelassen.
Auf
der Stutenleistungsprüfung wäre es hingegen ein leichtes, eine
kurze Exterieurbeurteilung z.B. vor dem Freispringen einzuführen und
somit den komplettesten Stuten eine Prämie zu ermöglichen.
Für
dieses System sprechen weiterhin zwei weitere Argumente:
Für
junge Pferde ist der Transport und ein Auftritt in einer ungewohnten
Umgebung immer ein Stressfaktor. Selbst wenn die Vergabe einer Prämie
nach einer sehr erfolgreichen Stutenleistungsprüfung nur noch reine
Formsache wäre, so stellt man die jungen, qualitätsvollen Stuten,
die eventuell auch noch im Sport eingesetzt werden oder tragend sind,
vor eine weitere, eigentlich unntöige Belastung.
Außerdem
gibt es eine Diskrepanz zwischen der Teilnahme an einer Stutenschau
und der Benotung der Stutenleistungsprüfung: Gibt es bei der
Stutenleistungsprüfung inzwischen keinen Altersabzug bei
vierjährigen Stuten mehr, so können doch nur dreijährige Stuten
auf Stutenschauen vorgestellt werden. Zwar können an ältere Stuten
auch noch Verbandsprämien verliehen werden, dies ist aber nur über
Umwege im Sport oder über gute Nachzucht möglich. Eine mögliche
Staatsprämie entfällt für vierjährige Stuten hingegen ganz, diese
kann nur auf der Elitestutenschau vergeben werden, für die sich die
Stuten wiederum nur über regionale Stutenschauen, also nur
dreijährig, qualifizieren können.
Dieser
Aspekt betrifft vor allem großrahmige, blütige Stuten, die oftmals
aufgrund ihrer erst etwas später ihr volles Potential entfalten
können und somit oft keine Prämie erhalten.
Besonders
für Blutstuten, die doch auch laut Verband so dringend benötigt
werden, sollte darüber nachgedacht werden, die Staatsprämie nur
dreijährig zu vergeben.
Schaut
man sich die geringe Zahl der Halbblutstuten auf den letzten
Eliteschauen an, so bestätigt sich dieser Verdacht wohl.
Besinnt
man sich nun zurück auf das Zuchtziel, so sollte überdacht werden,
ob die Stutenschau der richtige Ort zur Vergabe von Prämien ist,
besonders wenn doch ausdrücklich ein Reitpferd und kein Schaupferd
gezüchtet werden soll.
Quellenangabe: http://westfalenpferde.de/01/pdf-dateien/Satzung2011.pdf
Quellenangabe: http://westfalenpferde.de/01/pdf-dateien/Satzung2011.pdf